Selbstlernkurs LEB

5. Online-Enthemmung und Empörungsdynamiken

Wie entstehen eigentlich Shitstorms? Das fünfte Video nimmt Empörungsdynamiken im Online unter die Lupe und erklärt das Phänomen der Online-Enthem ...

mehr...

Modul 5 - Online-Enthemmung und Empörungsdynamiken

Wie entstehen eigentlich Shitstorms? Das fünfte Video nimmt Empörungsdynamiken im Online unter die Lupe und erklärt das Phänomen der Online-Enthemmung.

YouTube

By loading the video, you agree to YouTube's privacy policy.
Learn more

Load video

Modul 5: Online-Enthemmung und Empörungsdynamiken

Streitereien und Hetze fallen im Netz häufig durch Radikalität und Entgleisung der Sprache auf. Dabei schreiben Menschen in ihren Beiträgen Beschimpfungen und Herabwürdigungen über andere Personen und Gruppen, die sie außerhalb der sozialen Medien nicht sagen würden. In der wissenschaftlichen Forschung wird das Online-Enthemmung genannt. 

Online-Enthemmung wird vor allem dadurch erklärt, dass direkte Reaktionen der Angesprochenen und Mitlesenden bzw. Zuhörenden auf Plattformen fehlen.

Besonders fehlende Mimik und Augenkontakt erschweren es Empathie, also Mitgefühl mit anderen Menschen, zu empfinden. Hinzu kommt, dass die Kommunikation im Online häufig zeitversetzt stattfindet. Dadurch können Personen im Online aber auch “emotionale Fahrerflucht” begehen. Das heißt, sie verschwinden vom Tatort und geben die Verantwortung für das eigene Handeln und die eigenen Worte ab. 

Gerade bei Hasstiraden in der Online-Enthemmung wirken viele der emotionalen und sozialen “Stoppsignale” des Offline nicht. Stresssignale, wie Weinen oder Versteinern, bleiben als Eskalations- und Kipppunkte einer Auseinandersetzung dabei unsichtbar. 

Im Offline stellen Tränen oder gar Blut in Schlägereien deutliche Stoppsignale dar, an denen Angreifende oftmals innehalten und aussteigen können. Im Online dagegen ist da häufig eine Leerstelle. Stattdessen können Seiten weggeklickt oder die Reflektion des eigenen Gesichts im Desktop oder Smartphone betrachtet werden.

Damit bleiben selbst schwere Verletzungen von Angegriffenen für Angreifende häufig unsichtbar. Außerdem kennen sich nur wenige der Personen auf einer persönlichen Ebene, die miteinander die gleichen Seiten, Kanälen oder Plattformen nutzen. Hierdurch entwickeln Menschen Fantasievorstellungen voneinander, die durch die eigenen Vorurteile und Vermutungen geformt sind: Es entsteht ein Zerrbild einer Person. Dieses Zerrbild bietet im Online häufig die Grundlage für Hass und Beleidigung, an dem und durch das Angreifende ihre Frustration abreagieren. 

Aber Online-Enthemmung ist nicht nur für die Hater*innen: Manche Menschen fühlen sich Online sicherer, sich zu Wort melden. Das Online kann zurückhaltenden Personen helfen, sich aktiv an einer sozialen Gemeinschaft zu beteiligen oder in einer Diskussion das Wort zu ergreifen. Besonders bei erwünschten Beiträgen, wie dem respektvollen Austausch zu einem Hobby, einer Diskussion zu einem bestimmten Thema oder der gegenseitigen Unterstützung von Personen.


Das kannst Du tun

Atme tief durch. Gerade in eskalierenden oder eskalierten Situationen ist es wichtig, dass Du Ruhe bewahrst und bei Dir bist. 
Lass Dich nicht von Deinen eigenen Emotionen überrumpeln. Mach Dir klar, dass alle Beteiligten – Angreifende wie Angegriffene sowie Zuschauende und auch Du – sich gerade in einem emotionalen Erregungszustand befinden können.
Hilf Dir und den Beteiligten, Abstand zu gewinnen und Empathie zu entwickeln. 

Im Projekt Moderate No Hate findest Du weitere Tipps zum Umgang mit Enthemmung und Empörung in der Moderation von digitalen Gruppen.

Fragen und Aufgaben zu diesem Modul:

  1. Was bedeutet der Online-Enthemmungseffekt?

  2. Hast Du es schon einmal erlebt, dass Menschen im Online so richtig ausgerastet sind? Wie hast Du darauf reagiert?

  3. Bist Du auch schon einmal wegen eines Kommentars in einer Chatgruppe oder in einer Kommentarspalte richtig wütend geworden? Wie hast du reagiert? Und wie hast Du dich dabei gefühlt?